Rongorongo ist entzifferbar. Die
Osterinselschrift aber nicht.
Teil 7
Michael H. Dietrich
 
Es ist wohl noch zu früh für eine wissenschaftliche korrekte Aufarbeitung der Rongorongo-Forschung von Anfang an. Rongorongo konnte nicht entziffert werden, weil es übereifrige Forscher waren, die ihre Fantasien und Wunschvorstellungen beweisen wollten über die vermeintliche Osterinselschrift und dabei solche Fakten als bedeutungslos zur Seite schoben, die ihren Vorstellungen widersprachen.
 
Tatsächlich wäre Rongorongo von Anfang an zu entziffern gewesen, denn bereits 1864 waren gut 80% der dafür erforderlichen Kenntnisse publiziert worden und somit der Forschung zugänglich gemacht. Es mangelte zu keiner Zeit an verwertbaren Informationen     und sachdienlichen Aussagen, die aber allesamt nicht von der Osterinsel kommen. Es  fehlten seit 1864 bis in unsere Tage Forscher, die hinsehen und zuhören konnten, anstatt die Zeichen zu verbiegen, um Recht zu behalten, und das alles unter dem Deckmäntelchen der Forschung.
 
Bereits in Teil 5 dieser Arbeit habe ich ein Zeichen vorgestellt und angesprochen, das sich als stark vereinfachtes Reimiro zu erkennen gibt. Weil die Herkunft von Rongorongo noch immer unbekannt ist und lediglich in der Fantasie eines einzigen Forschers auf Rapanui entstanden sein soll, dient dieses Zeichen u.a. für den angeblichen Beweis: 

Auf Seite 373 seines Buches behauptet der Amerikaner Steven Fischer, dass die hölzernen Pektorale ausschließlich auf der Osterinsel bekannt waren. Nun bitte ich den Leser, im Internet einzugeben “Reimiro“. Er findet dort einen ausführlichen Text sowie zahlreiche Abbildungen. Fischers Behauptung ist unzutreffend, denn auf verschiedenen Inseln im Südpazifik wurden solche Artefakte hergestellt, z.B. auf den Marquesas, den Salomonen, auf Samoa, Hawaii und den Gesellschaftsinseln  sowie bei den Maori Neuseelands.
Fischer führt weitere Rongorongo-Zeichen als endemisch an, die sich ebenfalls leicht als „Zwecklüge“ entlarven lassen.
Rongorongo-Zeichen eignen sich nicht, den Beweis zu erbringen, dass Rongorongo auf der Osterinsel entstanden ist, sie eignen sich hervorragend dafür, den nachvollziehbaren Beweis zu erbringen, dass diese Zeichen außerhalb der Osterinsel entstanden sein müssen!
 
 
Osterinsulaner tradieren, dass Rongorongo auf 67 Tafeln von ihrem Urvater Hoto Matu’a zur Insel gebracht wurde. Aber das bestreiten Fischer und andere Forscher, weil es in ihre Konzepte nicht passt, dass Rongorongo ein waschechtes Importgut ist. Sie müssten sich dann die Frage stellen, woher die Zeichen kommen. Bis heute gibt es keine auf Fakten beruhende Antwort von Rongorongo-Forschern.
 
Aus verschiedenen Quellen ist überliefert, dass die hölzernen Objekte Symbole für den Mond waren. Von der Osterinsel wissen wir das auch, denn Young hatte das 1907 notiert. Aber auch das glaubten europäische und amerikanische Forscher anders auslegen zu können, denn sie erkannten darin Boote. Das kann kein Streitfall werden, denn über polynesische Boote und Bootsbau gibt es hervorragende  und sehr umfangreiche Literatur.
Thor Heyerdahl erklärte kategorisch, dass  Reimiro Boote darstellen. Ich erkläre ebenso kategorisch, dass keine einzige Linie eines Reimiro mit einem Boot polynesischer Bauart in Übereinstimmung zu bringen ist. 

 
 
Nun möge der Leser entscheiden, ob er irgendeine Übereinstimmung zwischen dem polyne-sischem Boot (als Doppelkanu) und einem Reimiro feststellen kann. So jedenfalls lassen sich Beweise nicht manipulieren und die Behauptung bedarf noch immer einer nachvollzieh-baren Beweiskette. Bis die vorgetragen wird, gilt, dass alle Reimiro Objekte den Mond symbolisieren (in möglicherweise unterschiedlichen Phasen) und dass diese Objekte in Ozeanien auf mehreren Inseln hergestellt wurden. 
 
Es ist eine der weiteren Halbwahrheiten, dass die Pektorale als Zeichen in Rongorongo zu finden sind. Das Reimiro als Zeichen zeigt sich in drei Formen:


 
 
Es gibt kein einziges Exemplar mit zwei kleinen Hörnern am Corpus. So sind diese Zeichen keine Abzeichnungen der bekannten Pektorale, sie wurden um zwei kleine Hörner erweitert.
Solange diese grafischen Zusätze nicht erklärt sind, sind die Zeichen für das Reimiro nicht vollständig verstanden.

 


 
Interessant ist eine Zeichnung von verschiedenen Kunstgegenständen von der Osterinsel, die von Bischof Jaussen 1893 angefertigt wurde nach einer mündlichen Schilderung eines Missionars. Es könnte sich aber auch um eine Zeichnung einer seiner Missionare handeln. Jaussen war niemals auf der Osterinsel.
Vergleiche heranziehen, um etwas zu erklären, zu beschreiben, zu demonstrieren und in noch anderer Art und Weise jemand etwas „vor Augen zu führen“, ist oft genug eine Gratwanderung und geht nicht selten daneben, womit dann der gegenteilige Effekt erzielt wurde. Die drei Reimiro-Zeichen in Rongorongo, die hier gezeigt wurden, sind über jeden Zweifel erhaben in ihrer Grundform als Pektorale zu erkennen. Aber die kleinen Hörner befinden sich nur an den Zeichen, es gibt sie also nicht in der Realität. Damit ist aus Sicht eines Grafikers ein unübersehbares Symbol en miniature angebracht, dass die einfache Übersetzung oder das herkömmliche Verständnis für ein Reimiro außer Kraft setzt.

Die Assoziation mit dem Wort „Brille“ löst bei jedem Menschen spontan die Vorstellung einer „Sehschwäche“ aus. „Sie trug eine Brille“ – ist doch eine ganz klare Aussage. Sie haben mit Sicherheit nicht angenommen, dass diese Frau den Beruf einer Schweißerin ausübt und deshalb berufsbedingt eine „Schutzbrille“ tragen muss.


 
 
 
Das kleine Detail vom Brillenrand zum Bügel ist aber bei den beiden Abbildungen von entscheidender Bedeutung. Das linke Brillengestell bedeutet zweifelsfrei „sehen, besser sehen, deutlich sehen“, das rechte meint „Schutz der Augen“ und hat mit der klassischen Funktion einer Brille nichts gemein. Hier sind die Gläser keine Unterstützung zur Über-windung einer Sehschwäche, sie dienen einzig und allein dem Schutz der Augen bei einer Arbeit, die eine Gefahr für die Augen darstellt.
 
Es mag naiv sein, aber zur Demonstration habe ich zwei Reimiro-Zeichen neben die Brillen gesetzt. Das linke Zeichen ohne die Zacken oder Hörner kommt unter den ca. 15.000 nur zweimal vor, aber diese beiden Reimiro-Zeichen sind zu klein, um noch die Hörner anzubringen.
 
Als ich vor vielen Jahren begann, mich intensiver mit Rongorongo zu beschäftigen, waren mir solche kleinen Zacken an vielen Zeichen aufgefallen. Eine Erklärung hatte ich natürlich damals noch nicht, aber immerhin war das einer der ersten Hinweise im System Rongorongo auf Details, die so „beiläufig, fast nebensächlich“ aussehen, dass mein Interesse und meine spezielle Aufmerksamkeit geweckt waren. Kein Bildhauer kerbt solche Details, wenn sie ohne Bedeutung sind. Wie schwierig das war, sieht man an einer Zeichenkombination vom Santiagostab in Originalgröße, die ich von der in Tübingen verwahrten Replik abnehmen konnte.

Die Zacken zeigen auf- und abwärts, sie sind links und rechts an den Zeichen zu finden.
 
Meine generelle Kritik an den amateurhaften Abzeichnungen von Barthel und Fischer läßt sich geradezu dramatisch an den Zacken beweisen. Die längste Zeichenverbindung in Rongorongo befindet sich auf der Großen St. Petersburgtafel (Belegstelle Pv 5). Das sieht dann so aus:

Damit der Leser sich ein Bild machen kann von der Verwendung der Zacken in Rongorongo habe ich ca. 150 Zeichen zusammengestellt, dabei aber die beiden häufigsten Zeichen mit solchen Hörnern oder Zacken außer Acht gelassen, weil diese hier beschrieben werden.



Wie es mir gelang, für die Bedeutung dieser Miniaturen eine sinnvolle Erklärung zu finden, die sich beweisen läßt, ist eine erzählenswerte Geschichte.


Abgebildet ist ein Gemälde des englischen Malers James Barry, das den Missionar Thomas Kendall (1778 – 1832) zusammen mit zwei neuseeländischen Maori-Häuptlingen zeigt.
Kendall war studierter Linguist und Missionar der englischen Church Missionary Society. Er arbeitete zwischen 1815 bis 1820 in Neuseeland und schickte regelmäßig Ethnographica an seine Muttergesellschaft in London. Kendall war nicht nur Sammler, er war ein ausgezeich-neter Wissenschaftler, der von allen erworbenen Kunstwerken eine ausführlich vita verfaßte. Die Sammelstücke wurden sorgfältig in Kisten verschifft, seine Texte verschickte der Missionar dagegen mit der Post. Im Jahr 1823 expedierte er 14 großformatige Kunstwerke von den Maori Neuseelands. Die Sendung hatte ihren Bestimmungsort London leider nie erreicht. Zu der Zeit verkauften Kapitäne häufig von ihnen erstandene oder eingetauschte Ethnographica gegen gutes Geld im nächsten Hafen. Die Nachforschungen nach den von Kendall gesammelten Kunstwerken verlief ergebnislos, aber seine ausführliche Beschreibung aller 14 Objekte wurde ordnungsgemäß zugestellt.
 
Erst mehr als 160 Jahre später publizierte der Maler R.D. Simmons ein leider nur kleines Heftchen unter dem Titel:
 
Iconography of New Zealand Maori Religion
Leiden 1986
 
Die abgebildeten 21 Kunstwerke mit den dazugehörigen Texten von Kendall werden nun aus der Sicht der Rongorongo-Forschung zu wichtigen Erkenntnissen führen.
Weil Simmon nicht verlorene Kunstwerke abbilden kann, machte er einen zulässigen Trick, indem er an Stelle der verlorengegangenen Kunstwerke ähnliche Objekte abbildete.

 

 
Wichtiger als die Bilder sind für mich die Beschreibungen gewesen, die ca. 40 Jahre vor der Entdeckung von Rongorongo auf der Osterinsel von „Mondhörnern und Sonnenhorn“ sprechen.
                          
Es gibt in der wissenschaftlichen Literatur zahlreiche indirekte Hinweise auf Rongorongo-zeichen. Kendalls Beschreibung von Maori Kunstwerken war vor der Entdeckung von Rongorongo bekannt, in den Zeichen finden sich diese kleinen Hörner einzeln für die Sonne und doppelt für den Mond.
 
Ich bin kein Fachmann für Maori Symbolik in der Kunst. Aber es gibt solche Spezialisten und in deren Literatur sind mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit noch weitere Hinweise zu finden, die ungeklärte Fragen in Rongorongo manchmal ganz simpel erklären.
 
Das einzelne Horn steht aber in Rongorongo nicht für die Sonne als Himmelskörper, es steht nach meinen Erkenntnissen eher für Osten und/oder Westen und für die Bahn der Sonne in der Nacht, die wir die Ekliptik nennen, die scheinbare Bahn der Sonne, die auch den Rongo-rongo-Meistern bekannt sein musste.
Sonne und Mond standen wahrscheinlich auf allen Inseln im Pazifik auch für die Himmels-richtungen Osten und Westen, denn im Gegensatz zu Fixsternen und Wandelsternen, waren Auf- und Untergang von Sonne und Mond immer und von allen Beobachtungsstandpunkten aus mit diesen beiden Himmelsrichtungen verbunden. Die alten Seefahrer wussten es genau:
 
Geht die Sonne auf im Westen
musst du deinen Kompass testen.
 
Nun machen die beiden kleinen Hörner an unterschiedlichen Rongorongozeichen und dem stilisierten Reimiro durchaus Sinn, denn damit ist das Zeichen zweifelsfrei zu einem Mondzeichen bestimmt und ganz sicher nicht zu einem Boot.
 
In meiner Kultur auf der nördlichen Halbkugel ist der Mond auch in zahlreichen Mythen vertreten, aber der Begriff „Horn“ oder „Hörner“ für das Erscheinungsbild der Mondsichel ist hier gänzlich ungebräuchlich. Wir sprechen von Mondsicheln, vom zu- und abnehmenden Mond, vom Halbmond, Dreiviertelmond und Vollmond.
Der Begriff Mondhof ist auch noch gelegentlich zu hören. Mondhörner sind als Bezeichnung für den Sichelmond nördlich des Äquators gänzlich unbekannt!
Die seltsamen Zacken an vielen Zeichen waren mir von Anfang an aufgefallen, aber einen Bezug zum Mond oder zur Sonne herzustellen, war überhaupt nicht möglich.
Nachdem der erste Hinweis von Kendall meine Aufmerksamkeit geweckt hatte, begann ich systematisch nach weiteren Informationen zu suchen und wurde fündig.
 
Makenson 1941 : 144
„If the horns of the crescent moon pointed upward it was a sign to the Tahitians that two secret hostile parties were preparing to invade their island“.

Tahiti liegt auf 17° 41’ S – 149° 27’ W. Das ist auf der südlichen Halbkugel und der hier angesprochene Mond zeigt sich in dieser Sichelform:
 
Gleiche Quelle:
„Among the Maori the conjunction of a star with the moon . . .if the star  was „biting“  or near the cusps of the crescent . . .
 
Hier sind die Spitzen gemeint von den Mondhörnern. Noch eine weitere Quelle für den Begriff der „Mondhörner“ ist bei Rjabchikov zu finden im Internet in seinem Artikel:
„Several Rongorongo Records – Symbolism of Archaic Beliefs“.
Von Rarotonga, einer Insel, die zur Cook-Gruppe gehört, kennen wir den Begriff
„tara-marama – the two points or horns of the new moon“.
 
Es gibt weitere Quellen für den so außerordentlich wichtigen Begriff der „Mondhörner“, die sich an zahlreichen Zeichen befinden. Aber – welcher Mond ist gemeint? Natürlich haben wir nur den einen Mond, dessen sichtbare Gestalt sich von Nacht zu Nacht und von Nord nach Süd ändert.
 
Zunächst habe ich das Zeichen des Reimiro untersucht und bin wie folgt vorgegangen: 

 

 
 
 
Ist damit das Zeichen vollständig verstanden?
 
NEIN!
 
Jeder Forscher bewegt sich im Spannungsfeld zwischen „erklären“ und „verstehen“. Was wir erklären können, müssen wir nicht zwangsläufig auch verstehen und vice versa.
 
Nach meinen Forschungen steht das Zeichen eines Reimiro in Rongorongo nicht grund-sätzlich für das, was ein solches Artefakt früher bedeutete. Man hat uns gesagt, dass diese hölzernen Objekte vor der Brust getragen wurden und auf der Osterinsel als Rangabzeichen galten. Auch einen Bezug zum Mond hatte man beschrieben. Soweit das Wort „Reimiro“, wie immer in allen polynesischen Dialekten, eine Mehrfachbedeutung hat für „Schmuck ganz allgemein, aber auch für eine Geliebte, für dies und das und jenes“ hat das alles mit der Bedeutung des Zeichens in Rongorongo nichts zu tun! Obwohl der Mond dem Zeichen seine Bedeutung gibt, ist es

 
kein Mondzeichen.
 
Nach meinen Untersuchungen steht dieses Zeichen für die gesamte Hemisphäre unterhalb des Äquators aus unserer Sicht, nämlich für die Südhalbkugel der Erde. Es muss auch als Himmelsrichtung „Süden“ verstanden werden. Damit haben wir ein zweites Zeichen für Süden nach dem Zeichen der „pillar left hand“ der linken Hand, das bereits ausführlich beschrieben wurde.
 
 
Mit der Bearbeitung des Zeichens, das sich auf dem realen Reimiro aufbaut, habe ich erneut aufgezeigt, wie die Zeichen zu verstehen sind im Sinne von Alfred Métraux. Es genügt nicht, das Äußere zu beschreiben und dann zu behaupten, dass es die Bedeutung des Zeichens wäre. Was waren die nachvollziehbaren Beweggründe, ein Zeichen genau so zu gestalten, wie wir es sehen? In die Denkweise derer einzudringen, die einst Rongorongo konzipierten, ist das Gebot der Stunde. Mit Schrift und Sprache hat das alles nichts zu tun – quod erat demonstrandum!

 

Wenn es in Rongorongo ein Zeichen gibt, das für die gesamte südliche Hemisphäre steht, dann muss es auch ein Zeichen geben, mit dem die nördliche Halbkugel gemeint ist. Es liegt nahe, auch hier dem Mond die „Patenschaft“ anzutragen.
 
 
 
Um das einfache Kanuzeichen zu einem Mondzeichen aufzurüsten, brauche ich eine Mondsichel – egal in welcher Form. Die Mondhörner oben und unten ergeben sich, indem ich Mondsicheln über das Kanu lege. Die Hörner genügen vollkommen, das Zeichen wäre unharmonisch, wenn die Mondsicheln über die konvexe und konkave Linie des Corpus laufen würden. Nun ist es sogar unerheblich, in welche Richtung das Zeichen gekippt wird in die Normalposition. Es sind immer die beiden Mondsicheln der ersten und letzten Sichtbar-keit des Mondes von der nördlichen Hemisphäre aus beobachtet.
 
Noch einfacher kann man Rongorongo-Zeichen nicht erklären.
 
Die beiden Zeichen für die nördliche und südliche Halbkugel der Erde konnte ich über jede Linie erklären. Nichts an diesen Zeichen hat mit Fantasie zu tun, nichts an diesen Zeichen hat etwas mit Sprache zu tun oder mit Text. Es sind klassische „Bildzeichen“, die man eigentlich nicht anders machen kann!
 
Das Zeichen lässt sich in über 180 Vorkommen nachweisen, die alle einzeln bewiesen werden müssen. Das kann in dieser Arbeit nicht geschehen.
 
 
Selten genug gibt es Zeichenerklärungen von Rongorongo-Forschern. Zeichen 70 hatte Thomas Barthel 1958 erklärt und begründet mit folgenden Worten:


Mit dieser Zeichenbeschreibung hatte Barthel die „rote Linie“ überschritten hinter der das Reich von Fantasien und Fantasten liegt, die kaum einen Beitrag zum Verständnis der Zeichen liefern werden. Wer in spitzen Hörnern und einem Kanu eine Quelle erkennt, hat seine Glaubwürdigkeit für Rongorongo-Forschung leichtfertig aufs Spiel gesetzt. Es kommt nicht darauf an, Barthel posthum zu kritisieren. Das habe ich in Tübingen von „Mann zu Mann“ oft und regelmäßig gemacht. Diese Zeichenerklärung war für mich der letzte kleine Stein, um die alles unter sich vergrabende Lawine auszulösen.
 
Fehldeutungen machen Entzifferer erst glaubwürdig! Es ist nicht nur normal, es ist unver-meidbar, auch zu falschen Einschätzungen zu gelangen, die später dann oft genug der Anlass waren, die richtige Spur zu finden.
 
Ein Sprichwort sagt: die Dosis macht das Gift! Der Irrtum kann konstruktiv sein, aber der ständige Irrtum ist keine Konzeption und weist niemals den Weg zum Erfolg.
 
Es gibt von Steven Fischer keine Erklärung für das Zeichen Nr. 70 in der Nomenklatur von Barthel, aber dafür eine Übersetzung. Auf dem Santiagostab (Belegstelle I 13) entdeckte der amerikanische Linguist Fischer diese drei Zeichen, die nach seinem Verständnis wieder eine Triade darstellen und ein „procreation item“ sind, einen Vers der mythischen Zeugung: 

 

 
Aus Barthels frischer Quelle, die es nebenbei nicht auf der Osterinsel gibt, wird nun bei Fischer der Ozean, das Meer und damit ist wohl der Pazifik gemeint. Unter shellfish ist kein Fisch zu verstehen! Es sind diverse Krustentiere wie Krebse, Langusten, aber auch Muscheln und anderes Meeresgetier unter dem Begriff zusammengefasst.
 
Hätte Fischer eines der hier abgebildeten Zeichen mit shellfish übersetzt, wäre das noch zu verstehen, denn diese Zeichen lassen eine solche oberflächliche Deutung durchaus zu. In seiner Übersetzung läßt er den menschlichen Arm mit der rechten Hand unberücksichtigt.
Warum er das zweite Zeichen von der „Quelle“ zum „Ozean“ befördert, bleibt sein Geheimnis, weil er dafür keine Erklärung oder nachvollziehbare Begründung liefert.
Das Ergebnis dieser vermeintlichen mythischen Zeugung sind bei Fischer  allerlei Meerestiere, bei Barthel ist das gleiche Zeichen übersetzt mit hare, d.h. „Haus“.
So legte der deutsche Gelehrte ca. 30 Entzifferungen mit „Haus“ vor und auch ein Bordell war darunter.

 
 
Das Zeichen Nr. 27 ist von Barthel in seiner aufrechten und um 180° gedrehten Form als zueinander gehörend erkannt worden. Warum Häuser auf der Osterinsel auch oben offen gebaut wurden, konnte mir der Entzifferer der vermeintlichen Osterinselschrift leider nicht erklären, ich hätte es sonst dem Leser nicht vorenthalten.
(Dass bei dieser Bauweise wahrscheinlich ein Großteil der Osterinsulaner während heftiger Regenfälle auf der Insel im Schlaf ertrunken sind, wurde nicht überliefert.) 
 


 
Für jeden Profi in Sachen grafischer Gestaltung und Design sind solche Feststellungen ausreichend, um zu erkennen, dass hier kein Verständnis und keine Kenntnis, kein fundiertes Wissen über solche eindeutigen grafischen Zusammenhänge vorliegt.
Barthel fragte mich, ob man das erlernen kann. Ich gab ihm zur Antwort, dass junge Menschen, die Aufnahme in eine Kunst-Akademie anstreben, solche einfachen Zusammenhänge bereits beherrschen, denn darüber wird kein Dozent eine Vorlesung halten.
 
(Man findet den ganzen Artikel von Fischer im Internet unter:
http://www.netaxs.com/ trance/fischer.html)
 
 Nun kann der Leser ja selbst entscheiden, welche Erklärungen bzw. Übersetzungen des Zeichens Nr. 70 ihm plausibel erscheinen. Aber vorher möchte ich einen weiteren Rongorongo-Forscher zitieren. Der russische Professor Sergei V. Rjabchikov ist mit zahlreichen Beiträgen im Internet vertreten. In seiner Auflistung  „Rongorongo glyphs
part 1 - 3“ ,die man im Netz aufrufen kann, setzt er für das Zeichen 70 ein „nga“.
 
Seit über 40 Jahren hat man in der Forschung eigentlich aufgegeben, nach Erklärungen für die Zeichen zu suchen. Es ist so etwas wie eine schweigende Übereinkunft, die Unentziffer-barkeit von Rongorongo als Tatsache hinzunehmen. Die Forschung hofft nun, den Beweis erbringen zu können, dass Rongorongo eine Schrift ist. Dass daran gearbeitet wird, kann ich bestätigen und demnächst werden Forscher auch diesbezüglich ihre Arbeiten vorlegen.
 
Ich habe mich oft gefragt - und wurde auch oft gefragt – warum Rongorongo in 150 Jahren nicht einmal im Ansatz verstanden wurde, warum nicht ein einziges Zeichen klar und deutlich erklärt werden konnte. Rongorongo-Forschung ist nicht die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen, es ist die Suche nach dem Heu im Stecknadelhaufen!
Rongorongo-Forschung aus der Vergangenheit zeigt sich über das Unvermögen, den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr zu sehen.
Zeichenbeschreibungen und deren Bedeutung gibt es aus 200 Jahren hervorragender Forschung in Ozeanien, beschrieben und nachlesbar in einer unübersehbaren Literatur, die ein Einzelner nicht mehr durcharbeiten kann.
 
Ich habe in 40 Jahren nicht die eine, alles erklärende Antwort gefunden und glaube auch, dass es sie nicht geben wird. Aber ich bin auf „Stolpersteine“ gestoßen, auf Gedanken, Ideen, Anregungen, Vermutungen – auf viele JA und NEIN.
 
Zeichen zur Kommunikation sind keine Erfindung irgendeiner Spezies von Menschen, die gab es theoretisch in dem Augenblick, in dem Kommunikation erforderlich wurde. Und das war bereits, als es zwei Menschen auf der Welt gab.
 
Weder Schrift noch Sprache sind die einzigen Möglichkeiten, uns zu verständigen. Manche  Zeichen sind universell und brauchen keine Sprache. Es gibt auf unserer Welt mehr Menschen, die keine Schrift kennen, als solche, die Schrift beherrschen.
Menschen, die keine Schrift beherrschten, und deshalb stets abseits der Gesellschaft  in Europa standen, kannten sehr wohl ein hochwirksames System der Kommunikation über ganz einfache Zeichen, die sie gezielt einzusetzen wussten.
Übrigens soll es derzeit eine Renaissance dieser Zeichen geben. Wenn ich an ihrem Haus – oder an ihrer Wohnungstür –  nachfolgende Zeichen finden sollte, mit Kreide oder Kohle geschrieben, kenne ich eine Verhaltensweise von Ihnen bereits, ohne Sie jemals gesehen zu haben.

 



 
Diese und noch mehr Zeichen sind seit über 400 Jahren in Gebrauch und noch immer sehr effektiv: Gaunerzinken – so nennt man ein System aus 20 bis 30 einfachen linearen Zeichen, das unter Bettlern ein gut funktionierendes Kommunikationssystem darstellte.
Unsere europäische oder westliche Denkweise ist eindeutig strukturiert in Bezug auf Zeichen. Wir akzeptieren nur solche Symbole, die eine eindeutige Information transportieren und keine Bilderrätsel sind. Zeichen und Verständigung ganz allgemein ist bei uns immer unter einer ganz klaren Feststellung zu treffen
 
entweder . . .  oder.
 
 
Im Elternhaus, auf der Schule, in der Lehre und auf der Universität bekommen wir zu hören:
 
Kannst du dich nicht klar ausdrücken?
 
Gemeint ist damit aber „eindeutig“. Ein kaum zu korrigierendes Merkmal eines Menschen, über den man sagt, er könne sich nicht klar und eindeutig ausdrücken, ist ein vernichtendes Urteil. In diesem Zusammenhang weise ich noch einmal darauf hin, was zu „Verkehrszeichen“ gesagt wurde. Die Grundlage unserer Kommunikation über Zeichen ist Eindeutigkeit.

Rongorongo wurde von Menschen entwickelt, deren kommunikative Grundlage lautet:
 
sowohl  . . . als auch.
 
Sie hassen und verachten alles Eindeutige, jede Form von eindeutiger Klarheit, wie wir sie wünschen, das Geheimnis und alles Geheimnisvolle ist die höchste und erstrebenswerte Form der Kommunikation. Eindeutigkeit gilt als Schwäche und Dummheit – „sophisticated“ heißt der Fels, auf dem sie ihre Kommunikation aufgebaut haben.
 
Ich war stark beeindruckt über die Reaktion einer Wissenschaftlerin, als ich ihr eigentlich nur beiläufig sagte, dass es für diesen oder jenen Stern mehrere Namen und deshalb auch verschiedene  Zeichen in Rongorongo gibt. Sie war entsetzt und voller Protest mir gegen-über, der ihr solchen Unsinn erzählte. „Wozu braucht man für Sirius mehrere Namen? Es genügt doch einer“! – so argumentieren eigentlich alle Menschen, mit denen ich darüber sprach. Wir können es nicht verstehen, weil wir es nicht verstehen wollen. Es widerstrebt uns total, solchen Unsinn als Sinn anzunehmen.
 
(Es gibt zu diesem Artikel mehr Leser, die es völlig sinnlos finden, dass man in Rongorongo zwei oder sogar noch mehr Zeichen für Süden und Norden und Osten und Westen hat. Wozu und warum? Das kann man sich nicht vorstellen und deshalb ist es unglaubwürdig und alles, was für uns unglaubwürdig ist, ist natürlich unwahr!)
 
Das mag überzogen klingen oder zu simpel, aber Übertreibungen verdeutlichen drastisch. Natürlich dürfen wir nicht nur, wir müssen nachdrücklich Fragen stellen, das Warum ist doch die Seele jeder Forschung. Aber bisher wurden die Fragen an der falschen Stelle gestellt, zur falschen Zeit, am falschen Ort von möglicherweise inkompetenten Fragenstellern.
 
Mir wurde im Verlauf meiner Forschungen immer klarer, dass jeder, der einen anderen und bisher noch nicht verfolgten Ansatz zum Verständnis von Rongorongo vorlegt, der „Überbringer einer schlechten Nachricht“ sein wird. Schlecht deshalb, weil sie mit unserem Denken nicht „kompatibel“ ist, nicht geeignet für den Computer und nichts für klar denkende Menschen.  Auch für die Rongorongo-Forschung gilt der Terror des „mainstream“.
Damit mich möglichst viele Menschen verstehen, erkläre ich es mit modernen Begriffen aus der Datenverarbeitung, wie wir sie heute verstehen: die Rongorongo-Software ist eine einzige Katastrophe!  Jeder „Trojaner“ ist dagegen nur ein Lausbub! Rongorongo als überspielte Software würde jeden anständigen Computer zum sofortigen Absturz bringen, wenn nicht gar zum Suizid!
 
Als es mir nach eigentlich erst zehn Jahren gelang, einige Zeichen zu verstehen, weil ich in der Literatur die entsprechenden Hinweise gefunden hatte, habe ich mich europäisch korrekt verhalten. Und das war der wohl größte Fehler in meiner Forschung. Ich habe korrekt gehandelt, indem ich das vermeintlich eindeutige entzifferte Zeichen als ein solches betrachtete und mich anderen Zeichen zuwandte.
Warum auch nicht? Ich hatte eine beweisbare Erklärung für ein Zeichen gefunden und damit  war für mich die Sache erledigt. Basta. Aber da gab es ein nicht wegzuforschendes Problem! Alle Zeichen, die ich nach und nach verstand über die Beschreibungen in der Literatur, passten so gut wie nie in allen Vorkommen. Wegsehen war eine Möglichkeit, sich stur stellen und behaupten, man habe recht, eine weitere Möglichkeit. Auch diesen Befund zu ignorieren war in erster Linie eine hervorragende Möglichkeit, das als Fehler der alten Meister zu deklarieren. Damit ist die Auflistung meiner Besserwisserei und der Vorgaukelung falscher Tatsachen noch nicht komplett. Jedenfalls hatte ich diesen so unerwünschten Befund ganz einfach verdrängt. Aber ich konnte es drehen und wenden, wie ich wollte, meine Zeichen-erklärungen passten niemals in allen Vorkommen. Intensiv daran gearbeitet habe ich aus einem sehr verständlichen Motiv, denn ich wollte natürlich verhindern, dass irgendjemand kommt und mir genau diesen Tatbestand unter „die Nase“ hält und damit meine gesamte Forschung kippt. 


Einsicht ist eine Leihgabe der Götter, die sie wohl nur den Verzweifelten gelegentlich zukommen lassen. Meine Götter der Südsee schickten mir den Gedanken, dass ich mal versuchen sollte anstelle der verdrängten Wirklichkeit über das  entweder . . . oder die ganze Sache unter dem Aspekt sowohl . . .  als auch anzugehen.
 
Das traf mich hart, weil es mit meiner eigenen heilen Welt der logischen Besserwisserei zum Frontalzusammenstoß kommen musste.  Nur – die Einsicht war  alternativlos ! ! !
 
Zwei Himmelsrichtungen lassen sich immer bestimmen, denn überall in Polynesien gehen Sonne und Mond im Osten auf und im Westen unter. In Hawai’i bezeichnete man Osten aber auch mit dem Begriff „Ku“ oder „Tu“, wie auch in vielen anderen Regionen des Pazifik.
(Johnson/Mahelona 1975 : ix).
 
Tu ist der Name eines Atua, vergöttlichter Ahn, der im Zusammenhang mit Kriegen genannt wurde. Übersetzt heißt das Wort Tu aber:  aufrecht, gerade, steil nach oben, steif, in gerader Linie, hoch nach oben, senkrecht“.
 
Das ist nicht gänzlich abstrakt und unverständlich. Nur am Äquator gehen im Osten Sonne, Mond und Sterne senkrecht am Himmel auf nach oben und genau so auch wieder senkrecht nach unten unter!
Dieser steile, gerade Auf- und Untergang mag erklären, warum Tu (oder Ku) eben auch für Osten steht. Denn üblicherweise bestreiten Sterne und Planeten eher gekurvte Bahnen, nach ihrer Erscheinung entweder aufwärts oder abwärts, je nach Standort der Sternbeobachtung.
 
Es ist wieder einmal die bildhafte Beschreibung einer Beobachtung nach der Natur, die jedem Maler sofort einleuchtet, der in seinem Handwerk noch auf Studien nach der Natur setzt. Deshalb war es auch nicht schwierig für mich, das wahrscheinlich entsprechende Zeichen dafür in Rongorongo auszumachen.
 
Das häufigste Zeichen in Rongorongo ist das einfache Stabzeichen. Ich habe in dieser Arbeit vorgelegt, dass es denkbar wäre, dass das Stabzeichen in seiner einfachen Form ohne weitere Anbindungen oder Zusätze ein möglicher Trenner zwischen Zeichenfolgen sein könnte.  Beispiele dafür habe ich ausreichend vorgelegt und kommentiert.
 
Hätte ich die Aufgabe, auf der Grundlage der grafischen Konzeption von Rongorongo ein Zeichen zu entwickeln, dass am einfachsten übersetzt, was sich unter Tu für Osten eignet, so hätte ich auf nichts anderes kommen können, als auf dieses Zeichen:

 


Natürlich ist damit ein Problem in die Welt gesetzt, das der Denkweise des entweder . . . oder vollständig entgegensteht. 
 
Rongorongo-Forschung kann mit Logik und einem gradlinigen Verstand nichts erklären. Die Frage, ob das Stabzeichen als Trenner eingesetzt wurde oder als Zeichen für die Himmelsrichtung Osten, kann nicht gestellt werden. Denn nur die Feststellung gilt, dass das Zeichen sowohl als Trenner, als auch für Osten und für einige weitere Bedeutungen steht.
 
Wer das für ausgemachten Unsinn hält, hat sich ein kritisches Urteilsvermögen bewahrt und man kann ihm nur vorbehaltlos zustimmen. Aber leider ist es so!
 
So leid es mir tut und so gerne ich es verschweigen würde, die total verrückte Realität ist, dass ein Zeichen auf einer Tafel eine Bedeutung hat, das auf einer anderen Tafel eine andere Bedeutung haben kann, nicht zwangsläufig, aber eben möglich. Es kommt letzten Endes immer auf den Zusammenhang an, auf die davor und danach gekerbten Zeichen. Die Regel einer einheitlichen Bedeutung eines Zeichens wurde und wird in der Rongorongo-Forschung bisher praktiziert und hat erfolgreich jedes Verständnis der Zeichen und des Systems verhindert. Wenn wir so weitermachen, können wir getrost den Mythos einer geheimnisvollen und unentzifferbaren Schrift von der Osterinsel weiterschreiben bis ans Ende der Welt. Wenn wir weiterhin das in der Forschung tun, was wir am besten können, unsere Denkweise als ultima ratio anzubiedern, wird Rongorongo noch vielen Generationen Spaß und Freude bei der Unentzifferbarkeit leisten.
 
(Der spanische Dichter Pedro Calderon de la Barca (1600 – 1681) schrieb ein Drama unter dem Titel: In diesem Leben ist alles wahr und alles Lüge. Er wusste nicht, dass das vorzüglich auf Rongorongo zugeschnitten ist!)
 
(Wer darauf hofft, dass damit meine schlechten Nachrichten erschöpft sind, wird noch gehörig geschüttelt.)
 
 
Es kann nicht die Aufgabe dieser Arbeit sein, alle Belegstellen mit dem Stabzeichen für die Himmelsrichtung Osten zu besprechen. Deshalb habe ich auch nur einige Beispiele gewählt, die aus meiner subjektiven Sicht gut erklären, was erst noch verstanden werden muss.

 
 
Das ist genial einfach und einfach genial!
 
Den polynesischen Namen für diesen Kompassstrich kann ich nicht angeben. Wozu wird der denn gebraucht? Die Mondsicheln, die in dieser Form immer für Norden stehen, sind mit dem einfachen Stabzeichen für Osten verbunden. Eine solche Zeichenverbindung ist nach dem Verständnis der Urheber zu allen ihren Kombinationen als ein „key visual“ zu verstehen. „Aus zwei mach eins“ und zwei eigenständige Einzel-Informationen werden zu einer einzigen neuen verbunden.
Das ist typisch für eine Bilderschrift, die aus Logogrammen besteht.
 
 
 
Die Hände für die Himmelsrichtung Norden und Süden habe ich bereits erklärt. So genügt es, nur die entsprechende Dreifingerhand zu kerben, um die Richtung anzugeben.


Das sind lediglich drei Beispiele für viele weitere. Es wäre für mich spielend einfach, das „Verwirrspiel Rongorongo“ mit dem Leser auf die Spitze zu treiben, denn mal ist das Stabzeichen Osten, mal wieder nicht und ist man der Meinung, es sei Osten, stimmt es oder auch nicht - und das alles soll Sinn und Verstand haben?
 
Aus unserer Sicht der Dinge hat das keinen vernünftigen Sinn, wir hätten es nicht nur anders, wir hätten es fraglos auch präziser gemacht – wenn doch nur unsere ultima ratio immer und überall gelten würde!
Wie gut und wunderschön ist es aber, dass die sternkundigen Navigatoren in der Südsee nicht auf uns gehört haben, sondern ihren eigenen Weg gingen. Wollte man diesen mit Logik und Verstand begreifen, bliebe er im ewigen Kreislauf des Unwissens unserem Voyeurismus verborgen.

 

 
 
Kendall schrieb auf, dass ein einzelnes Horn für die Sonne stand in der Ikonographie der Maori Neuseelands. Viele Missionare, Forscher, Reisende, Kapitäne, Globetrotter in alter Zeit und andere schrieben auf, dass man ihnen gesagt hatte, sowohl die Sonne als auch der Mond stünden für Westen und Osten. Das Stabzeichen in Verbindung mit dem Handzeichen haben wir soeben identifiziert mit der Himmelsrichtung Nord/Ost. Mehrfach wurde der Mondzacken mit der ersten Sichel nach Neumond von der nördlichen Hemisphäre identifiziert. Die einzelne Zacke steht für die Sonne, die Sonne steht für Osten und/oder Westen. Osten kann das Stabzeichen aber nicht sein, sonst wäre es ja die Himmelsrichtung Osten/Norden/Osten oder Westen. Unfug – setzen wir aber ein „Westen“ für das einzelne Horn, so können wir ablesen: NORD/WEST. Durch das Horn verliert das Stabzeichen wieder seine Bedeutung für Osten.
 
Damit konnte ich jede Linie des Zeichens erklären, das aus meiner Kenntnis mit dem Kompassstrich Nord/West in Verbindung zu bringen ist. Erklären und verstehen sind leider zwei Dimensionen. 

 
Deshalb kann Rongorongo doch nichts anderes sein als Beobachtung des Himmels von Standorten aus, die nicht landgebunden sind, sondern die im Meer von Booten aus ihre Richtungen und damit ihren Standort ändern.
Weil Rongorongo-Notationen so ganz anders sind, wie unsere Vorstellungen von Astronomie und Navigation es vorsehen, kommt schnell das Urteil eines Chaos zustande. Anfangs scheint es ja auch so zu sein. Aber am Himmel in der Nacht herrscht Ordnung - Chaos entsteht in unseren Köpfen, weil uns die Zeichen so eigentümlich fremd vorkommen.
 
Den Stern Algol im Sternbild Perseus wurde bereits vorgestellt und besprochen. Er ist einer der am häufigsten notierten Fixsterne in Rongorongo. Das Prinzip der Himmelsrichtungen in den Zeichen  soll nun an drei Beispielen mit Algol noch einmal dem Leser vor Augen geführt werden.

 

 
 
Rongorongo-Notationen sind keine „Militärparade“, Mann für Mann ausgerichtet und im Stechschritt mit Musik an der Ehrentribühne vorbei zum Grab des unbekannten Soldaten. Rongorongo-Choreografie ist so modern, wie heute Tanztruppen auf dem Broadway in New York Figuren vorführen, die mit dem klassischen Ballett des sterbenden Schwans nichts mehr gemeinsam haben. Die himmlische Choreografie folgt ewigen Gesetzen, auf die wir Menschen niemals einen Einfluss ausüben werden. Die Rongorongo-Meister  dokumen-tierten, was sie teils vom Himmel nur abschrieben. Sie haben nichts erfunden, nichts Neues in die Welt gesetzt, sie wollten verstanden werden und bauten deshalb nur Minihürden  ein, die aber 150 Jahre lang offenbar zu hoch waren, um sie zu überspringen.  Ihre unbestrittene Kreativität basierte auf einer präzisen Naturbeobachtung, die sie in Bildzeichen umsetzten. Sie beobachteten mit dem „Elefantenauge eines Rembrandt“. So jedenfalls charakterisierte Pablo Picasso einmal den Meister aller Meister, Rembrandt Harmeszoon van Rijn (1606 – 1669).
 
 
Wird fortgesetzt.


Unter diesem link finden Sie das Buch zu meinen Forschungen:

http://www.grin.com/de/e-book/317681/auf-goetterpfaden-ueber-den-pazifik-die-geschichte-der-vermeintlichen/?partner_id=1202373
 
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